Inzwischen hat sich diese Sichtweise etwas verändert. Der Anteil an nicht-religiösen Personen wird weltweit auf rund 25% geschätzt.
Nicht-religiös = atheistisch?
Nicht-religiös zu sein heißt nicht automatisch, dass die Existenz einer höheren Macht klar ausgeschlossen wird - wie beim Atheismus. Weitere Beispiele für nicht-religiöse Orientierungen sind die agnostische Weltanschauung, in welcher die Existenz einer höheren Instanz nicht bestritten, jedoch in Frage gestellt wird, oder die humanistische Ausrichtung. Hier steht im Vordergrund, ein sinnvolles Leben ohne Bezug auf eine übernatürliche Macht zu gestalten.
Keine Religion, keine Werte?
Atheismus ist nach wie vor häufig mit Vorurteilen belegt. Allerdings belegen mehrere Studien, dass sich atheistische und agnostische Menschen in ihrer ethischen und werteorientierten Lebenshaltung nicht von Religiösen und Spirituellen unterscheiden. Sie übernehmen in gleichem Maße Verantwortung für ihr Leben, wie es auch religiöse und spirituelle Personen tun.
Atheistische Personen haben ein geringeres Bedürfnis nach Sinnerfüllung
Aus der Forschung wissen wir allerdings, dass atheistische Menschen weniger Sinnerfüllung berichten als Personen, die sich als religiös oder einfach als nicht-religiös beschreiben. Das muss aber noch lange kein Grund für eine Sinnkrise sein. Nur sehr wenig der atheistischen Personen leiden unter diesem Zustand. Das kann daran liegen, dass atheistische, im Vergleich zu religiösen Personen, generell ein geringeres Bedürfnis nach Sinn im Leben haben.
Sinn geht auch ohne Gott!
Atheistische Menschen lassen sich jedoch nicht alle in einen Topf werfen! Schaut man sich diese Personengruppe genauer an, kann man drei Gruppen erkennen. Die erste Gruppe ist nicht sinnerfüllt und leidet unter diesem Zustand; sie befindet sich in einer Sinnkrise. Äußerst selten sind Sinnkrisen aber in den anderen beiden Gruppen. Die eine findet ihre Sinnerfüllung vor allem in der eigenen Selbstverwirklichung. Zentrale Sinnquellen sind hier das Streben nach Wissen, Freiheit, Selbsterkenntnis, Einzigartigkeit und Genuss. Diese Gruppe ist zwar in ihren Sinnquellen wenig balanciert - eine Sinnkrise ist dennoch kein Thema. Die andere Gruppe erlebt ähnlich hohe Sinnerfüllung wie die Allgemeinbevölkerung. Ihre Sinnquellen sind vielfältig; zentral sind dabei das große Ganze und Wir- und Wohlgefühl.
Ein atheistisches Leben muss also kein sinnloses Leben sein. Sinn geht auch ohne Gott!
Sinnfragen
Sinn ist nicht an einen Gott gebunden. Er entsteht in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben – durch Erfahrungen von Kohärenz, Bedeutsamkeit, Orientierung und Zugehörigkeit. Menschen, die nicht glauben, erleben ihr Leben nicht automatisch als sinnlos – sie schöpfen Sinn oft aus zwischenmenschlichen Beziehungen, Engagement oder Selbstverwirklichung.
Indem sie herausfinden, was ihnen wirklich wichtig ist – und ihr Leben danach ausrichten. Forschung zeigt: Auch ohne Religion schöpfen viele Menschen Sinn aus Natur, Kreativität, Gemeinschaft oder dem Einsatz für andere. Entscheidend ist nicht, woran wir glauben, sondern ob wir eine klare Vorstellung davon haben, was für uns zählt.
Nein. Religion kann ein bedeutender Sinnstifter sein – muss es aber nicht. Die Forschung kennt zahlreiche Sinnquellen jenseits religiöser Überzeugungen: Fürsorge, Freiheit, Wissen, Liebe, Genuss. Wer keine Religion hat, lebt nicht ohne Sinn – sondern sucht ihn womöglich auf andere, persönliche Weise.
Sinn entsteht im Dialog zwischen dem Menschen und seiner Welt. Wer nicht an Gott glaubt, kann dennoch Sinn erfahren – etwa durch Zugehörigkeit, Verantwortung oder kreative Entfaltung. Der Schlüssel liegt darin, die eigenen Werte zu erkennen und ihnen im Alltag Raum zu geben.
Empirisch zeigt sich: Auch nicht religiöse Menschen erleben ihr Leben als sinnerfüllt – teils sogar stärker als religiöse. Entscheidend ist das Involviertsein in bedeutsame Lebensbereiche. Wer mit Überzeugung handelt, erlebt sein Leben oft als sinnvoll – unabhängig von religiösem Glauben.
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