Sinnblog
Sinn in verschiedenen Lebenssituationen
Blog #48

Lebenssinn als Hilfe bei Depression

Betroffene, die unter einer Depression leiden schildern häufig eine für sie sehr belastende Perspektivlosigkeit.

Silhouette einer Frau mit gesenktem Kopf, überlagert von einer anderen Figur, die triumphierend die Arme hebt, vor einem Hintergrund mit Sonnenuntergang.

Depression und Sinnkrise sind "von außen gesehen" leicht zu verwechseln.

Bei beiden herrscht eine traurige, gedrückte Stimmung vor. Doch Studienergebnisse zeigen uns, dass Depressionen zwar meist mit Sinnkrisen einhergehen, bei einer Sinnkrise jedoch nicht direkt von einer vorhandenen Depression ausgegangen werden kann.

Depressionen gehen meist mit Sinnkrisen einher – Sinnkrisen jedoch nicht mit Depression

Es konnte festgestellt werden, dass bei jenen, die unter einer Depression leiden 82% sich auch in einer Sinnkrise befunden haben. Unter denjenigen, die sich in einer Sinnkrise befunden haben, erfüllten jedoch nur 35% zeitgleich die Diagnosekriterien einer Depression.

Betroffene, die unter einer Depression leiden schildern häufig eine für sie sehr belastende Perspektivlosigkeit. Diese geht häufig damit einher, dass sich die Frage gestellt wird, welchen Sinn das eigene Dasein verfolgt. Jene Personen können den Lebenssinn im Moment nicht erkennen. Das lässt sich auch auf der Ebenen der Sinnelemente verstehen: Menschen, die sich in einer Depression befinden leiden sehr häufig unter einer Perspektivlosigkeit. Ihnen fehlt eine Orientierung im Leben. Da Depression meist mit Antriebslosigkeit einhergeht, fehlt sehr häufig auch Stimmigkeit. Die eigenen Werte und früheren Ziele können auf Grund des mangelnden Antriebs nicht verfolgt werden - das, was getan wird, passt nicht zur eigentlichen Orientierung. Häufig fehlt auch ein Erleben von Zugehörigkeit. Betroffene ziehen sich in depressiven Episoden häufig zurück und gehen aus dem Kontakt zu anderen Menschen. Sie erleben sich einsam und allein in ihrer Situation. Aber auch ein Bedeutsamkeitserleben kann beim Auftreten einer Depression fehlen. Durch fehlendes Handeln bleibt das Erfahren von Bedeutsamkeit aus.

Ein Weg aus der Depression

In der Depressionsbewältigungstherapie werden sehr häufig zwei zentrale Aspekte fokussiert. Zum einen das Identifizieren und Bearbeiten von depressiven Gedankenmustern. Und zum anderen das Fördern von einem "ins-Handeln-kommen". Ähnlich wie auch bei der Sinnerfüllung spielt ein aktiver, involvierter Lebensstil eine entscheidende Rolle, welcher wieder gefördert werden muss. Selbstverständlich ist das in einer depressiven Episode, bei fehlendem Antrieb, keine leichte Aufgabe. Dennoch ist es möglich sich kleinschrittig näher heranzutasten. Ähnlich wie beim Lebenssinn können wir uns die Fragen stellen: Was ist mir wichtig im Leben? Was kann ich gut? Was macht mir Spaß oder hat mir früher Spaß gemacht? Wo will oder wollte ich früher hin? Wichtig ist es, jene Dinge wieder in den Alltag zu holen und positive Aktivitäten zu fördern. Ein kleiner Spaziergang, ein Telefonat mit lieben Menschen, jemand anderem auf der Straße ein Lächeln zu schenken. Jede noch so kleine Handlung und vor allem "Dranzubleiben" zählt!

Sinnerfüllung in der Therapie

Um langfristig ein psychisch gesundes Leben zu fördern, scheint es wichtig zu sein sich mit jenen Fragen "Wer bin ich? Wo stehe ich? Und wo will ich hin?" auseinanderzusetzen. Denn es zeigt sich, dass ein sehr häufiger Faktor für einen Rückfall in eine psychische Erkrankung eine andauernde Perspektivlosigkeit ist. Jene Fragen klären wir auch, wenn wir uns mit unserem eigenen Lebenssinn beschäftigen. Und dies scheint auch in der Therapie sehr wichtig zu sein: Studienergebnisse zeigen nämlich, dass Sinnerfüllung eine wesentliche Rolle im Therapieerfolg ausmacht.

Sinnerfüllung kann also in der Behandlung einer Depression einen wichtigen Beitrag leisten, aber auch vorbeugend einen Einfluss auf psychische Erkrankungen haben. Denn aus zahlreichen Studien wissen wir, dass sinnerfüllte Menschen seltener von psychischen Erkrankungen betroffen sind. Dies lässt sich vermutlich auf eine höhere Selbstwirksamkeit, Resilienz und Selbstregulationsfähigkeit zurückführen. Sinnerfüllten Menschen fällt es leichter sich zu motivieren, zu aktivieren und zu beruhigen. Sie können Misserfolge und schwierige Situationen besser bewältigen und gehen proaktiver mit Stresssituationen um.

Lebenssinn lohnt sich also doppelt! Starte direkt los und setzte dich mit deinem eigenen Lebenssinn auseinander. Mach am besten unseren kostenlosen Schnelltest!

Wenn dich deine Situation gerade stark belastet, du dich allein fühlst oder einfach jemanden zum Reden brauchst, dann wende dich bitte an eine Person, der du vertraust. Bei Seelsorge-Hotlines kannst du ganz anonym mit jemandem sprechen, rund um die Uhr.

Hier findest du die Links für die deutschsprachigen Länder:

Sinnfragen

Sinnerleben kann wie ein innerer Kompass wirken: Es zeigt, was einem wichtig ist – auch wenn man es gerade nicht fühlt. Wer weiß, wofür es sich zu leben lohnt, kann aus der Erstarrung kleine Schritte in Richtung Aktivität machen. Das bedeutet nicht, dass Sinn alles heilt. Aber er kann helfen, erste Bewegungen aus der Lähmung der Depression heraus anzustoßen.

Depression verändert unser inneres Erleben. Was vorher bedeutsam war, erscheint plötzlich fremd oder leer. Diese emotionale Taubheit betrifft auch Sinnquellen – Beziehungen, Engagement, Interessen. Der Blick verengt sich. Das macht es so schwer, sich selbst zu spüren. Die Verbindung zum Sinn ist nicht weg – aber sie ist im Moment nicht erreichbar.

Ja – wenn die Zeit dafür reif ist. In stabileren Phasen kann es hilfreich sein, nach den persönlichen Werten und Sinnquellen zu fragen: Was hat mir früher Kraft gegeben? Was zählt für mich? Dabei geht es nicht um große Antworten, sondern um kleine, stimmige Schritte. Gute Therapien unterstützen diesen Suchprozess – respektvoll, ressourcenorientiert.

Indem du nicht nach der großen Antwort suchst. Sondern nach dem Nächsten, das dir gut tun könnte. Sinn zeigt sich oft im Tun – nicht im Denken. Ein Gespräch, ein Spaziergang, eine kleine Geste für andere: All das kann wieder Verbindung herstellen. Und dann, ganz allmählich, wächst ein neues Gefühl dafür, dass dein Leben Bedeutung haben darf.

Wenn die innere Leere anhält. Wenn du dich fragst, wozu du überhaupt noch da bist – und diese Frage nicht mehr los wirst. Wenn Alltagstätigkeiten nicht mehr gelingen. Oder wenn Gedanken an den Tod auftauchen. All das sind Zeichen dafür, dass du Hilfe brauchst – und auch verdient hast. Sich Hilfe zu holen ist kein Scheitern. Es ist ein erster Schritt zum Leben.

Quellen

Debats, D. L. (1996). Meaning in life: Clinical relevance and predictive power. British Journal of Clinical Psychology, 35 (4), 503-516. Göhre, C. U., Hillert, S., Hillert, A., Naab, S., & Surzykiewcz, J. (2024). Anorexia nervosa und danach? Zum Stellenwert einer systematischen Klärung von Werten und Zielen parallel zur kognitiv-verhaltenstherapeutischen Essstörungstherapie. Nervenheilkunde, 43(03), 103-108. Hanfstingl, B. (2013). Ego and spiritual transcendence: relevance to psychological resilience and the Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine, 2013. Schnell, T. (2020). Psychologie des Lebenssinns. Springer Berlin Heidelberg.

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