Sinnblog
Was wir glauben
Blog #14

Sinn durch Glauben

Lange Zeit ging man davon aus, dass die Kirche – und damit die Religion – ein Sinnstiftungsmonopol innehatte.

Drei Personen, die an einem Holztisch mit aufgeschlagenen Büchern sitzen, zwei mit gefalteten Händen und einer, der gestikulierend spricht.

Inzwischen musste sie diese Stellung allerdings aufgeben, da sich zeigt, dass Religion wie auch Spiritualität eine Sinnquelle neben vielen anderen ist. Dennoch gibt der Glaube an eine höhere Macht auch heute noch Sinn.

„Krisenreligiosität und Krisenspiritualität“

Der Glaube an eine höhere Macht ist nicht nur im Alltag sinnstiftend, sondern auch in Krisenzeiten. Häufig wenden sich Menschen vor allem in schwierigen Zeiten dem Glauben zu. Eine Studie zeigte beispielsweise, dass sich die Religiosität bei männlichen Krankenhauspatienten mit zunehmender Schwere der Krankheit erhöht.

Doch wie und warum trägt Glaube zur Sinnerfüllung bei? Die Antwort lässt sich mit Hilfe der vier Sinnelemente – Zugehörigkeit, Bedeutsamkeit, Orientierung und Stimmigkeit – herleiten.

Zugehörigkeit zu einem großen Ganzen

Etty ist integriert in ein soziales Netz. Sie fühlt sich verbunden mit Familie und Freunden, jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, sogar mit der gesamten Menschheit. Als immer mehr Bekannte in Lager deportiert werden, schließt sie sich ihnen freiwillig an. Sie ist außerdem Mitglied von Geheimorganisationen, die sich im Untergrund gegen die Nazis verbünden. Hierdurch verspürt Etty ein starkes Gefühl von Zugehörigkeit.

Bedeutsamkeit durch eine höhere Instanz

Auch die eigene Bedeutsamkeit wird durch den Glauben an eine höhere Macht gestärkt. Gläubige gehen oft davon aus, dass sie eine Aufgabe, eine Mission auf dieser Welt zu erfüllen haben. Sie glauben an eine höhere Instanz, die unser Handeln beobachtet und möglicherweise bewertet. Unter dieser Annahme ist es klar, dass unser Handeln bedeutsam ist. Interessanterweise heißt das allerdings nicht, dass sich gläubige Menschen in besonderem Ausmaß werteorientiert und rechtschaffend verhalten. Studien zeigen, dass religiöse Menschen nicht moralischer handeln als nicht-religiöse.

Überlieferte Weisungen schaffen Orientierung

Dennoch bieten Religion und Spiritualität Orientierung. Meist ist sie an Überlieferungen und heilige Schriften geknüpft. Diese haben den Anspruch, die Welt zu erklären. Sie vermitteln auch ethische Weisungen, in Form von Werten und Normen. Dadurch wird verdeutlicht, was ein gutes Leben ausmacht und wie es möglich ist, Leid zu verkraften. Traditionen und Rituale machen solche Überzeugungen erlebbar. Sie verknüpfen sie mit verschiedenen Lebenssituationen - wie bei der Taufe, der Einweihung in die Glaubensgemeinschaft, der Hochzeit, dem Begräbnis. Und sie schaffen Raum dafür, sie im Fluss des Lebens immer wieder zu erinnern und zelebrieren, wie beim Gottesdienst, beim Freitagsgebet, beim Fasten, Pilgern und an verschiedensten Feiertagen.

Stimmigkeit in schwierigen Zeiten

Religion und Spiritualität können außerdem eine stimmige Lebensphilosophie ermöglichen, da sie die Bedeutung des Leids und der Verletzbarkeit anerkennen. Leidvolle Erfahrungen führen dann nicht unbedingt zu einer Erschütterung der Grundannahmen. Allerdings erleben viele Gläubige den Aspekt der Stimmigkeit heute als besonders kritisch: Werte, die bei uns als selbstverständlich gelten, wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Recht auf selbstbestimmte Sexualität, werden in manchen Religionsgemeinschaften immer noch nicht anerkannt. Widersprüche zwischen Lehre und Handeln stellen die Integrität weiterhin infrage. Dies mag ein Grund dafür sein, dass in aktuellen Studien der Zusammenhang zwischen Glauben und Sinn zunehmend niedriger ausgeprägt ist.

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