Sinnblog
Sinn und andere Erfahrungen
Blog #9

Der Weg ist so steil!

Wie Sinn auf unsere Wahrnehmung von Herausforderungen wirkt

Kennst du das, dass sich gewisse Herausforderungen nicht mehr nur wie ein Hindernislauf anfühlen, sondern so, als würde man vor einer riesigen Wand stehen?

Wanderer, der auf einem grasbewachsenen Weg in Richtung felsiger Berge unter einem klaren blauen Himmel mit einer einzigen Wolke wandert.

Manchmal kommt es vor, dass wir Herausforderungen größer wahrnehmen als sie tatsächlich sind. Doch das ist nicht immer und nicht bei jedem Menschen so. Sinnerfüllte Personen nehmen Herausforderungen meist als leichter zu bewältigen wahr, im Vergleich zu Menschen, die wenig sinnerfüllt sind.

Warum überschätzen wir Herausforderungen?

Stellen wir uns einen Berg vor. Wenn wir einschätzen sollen, wie steil sein Anstieg ist, bewerten wir diesen zusammen mit der Anstrengung, die wir damit einhergehend vermuten. Glauben wir, dass der Weg bis zum Gipfel sehr anstrengend sein wird, nehmen wir den Berg steiler wahr und überschätzen den Anstieg. Diese wahrgenommene Anstrengung ist auch abhängig davon, wie sehr wir uns seelisch und körperlich belastet fühlen. Sind wir belastet, führt es dazu, dass wir die verbundene Anstrengung und somit auch die Steigung des Berges überschätzen. Ähnliches gilt auch für Herausforderungen. Stehen wir in einer schlechten Verfassung vor einer Herausforderung, werden wir sie vermutlich überschätzen, weil wir auch die Anstrengung höher bewerten.

Wie schaffen wir es, Herausforderungen nicht zu überschätzen?

Wenn wir aber das Gefühl haben, dass uns genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, schätzen wir Herausforderungen realistischer ein. Der Lebenssinn ist eine Motivationsquelle und dadurch eine Ressource. Er motiviert uns, am Ball zu bleiben und den Fokus nicht zu verlieren. Am Beispiel des Berges haben Studien gezeigt, dass Menschen mit hoher Sinnerfüllung die Steigung weniger überschätzen. Sie schaffen es, den Anstieg unabhängig von der damit verbundenen Anstrengung einzuschätzen. Das Gleiche gilt für Herausforderungen. Sinnerfüllte Menschen betrachten diese seltener als aussichtslos, da sie sich von der dazugehörenden Anstrengung nicht überwältigen lassen.

Erfordert das nicht jahrelange Übung?

Dafür braucht es keine jahrelange Übung. Die gleiche Studie hat gezeigt, dass es für eine realistische Einschätzung der Steilheit des Berges nicht zwingend eine dauerhafte Sinnerfüllung braucht. Sinn, beziehungsweise die Beschäftigung damit, macht es uns nämlich auch möglich, andere unserer Ressourcen ins Gedächtnis zu rufen und einzuschätzen. Wir müssen also nicht zwangsläufig sinnerfüllt sein, um Herausforderungen realistischer zu bewerten. Es reicht aus, wenn wir uns mit dem Sinn auseinandersetzen und dadurch unsere Ressourcen besser vor Augen haben und einschätzen können. Das bedeutet motiviert zu sein, am Ball zu bleiben und den Fokus nicht zu verlieren. Und uns somit nicht von der Anstrengung der Herausforderungen überwältigen zu lassen.

Sinnfragen

Weil unser inneres Navigationssystem manchmal aus dem Takt gerät. Wenn das, was wir tun, nicht mehr mit dem übereinstimmt, was uns wichtig ist, wird jeder Schritt schwer. Dann fehlt uns die Erfahrung von Kohärenz – also der inneren Stimmigkeit. Oft signalisiert uns die Erschöpfung, dass wir innehalten sollten, um neu auszurichten, was wir wollen, können und wofür wir losgehen möchten.

Zuerst: anerkennen, dass es gerade viel ist. Kein Verdrängen, kein Funktionieren-Müssen. Dann lohnt ein Blick auf die eigenen Sinnquellen: Was gibt mir Energie, was trägt mich? Auch kleine Erfahrungen von Sinn – ein gutes Gespräch, ein Moment in der Natur – können helfen, den Kopf über Wasser zu halten. Sinn kann Kraft geben, aber er entsteht nicht im Durchhalten, sondern im Verbundensein mit dem, was zählt.

Wenn ich weiß, was mir wirklich wichtig ist, verliere ich weniger Energie auf Nebenwegen. Sinn wirkt als innerer Kompass – er hilft, Entscheidungen klarer zu treffen, Prioritäten zu setzen und auch Rückschläge einzuordnen. Wer Sinn erfährt, erlebt sein Handeln als bedeutsam. Das macht uns widerstandsfähiger und motivierter, auch wenn der Weg mal holprig ist.

Weil wir uns selbst unterschätzen. In Momenten der Überforderung schauen wir oft nur auf das, was vor uns liegt – nicht auf das, was wir schon geschafft haben. Unser Blick wird eng. Sinnorientierung hilft, den Fokus zu weiten: Was zählt für mich in dieser Situation? Was kann ich daraus lernen? So entsteht Handlungsspielraum – und der macht Herausforderungen kleiner.

Sinn lässt sich nicht herbeizwingen. Aber er lässt sich entdecken – oft dort, wo wir es nicht erwartet hätten. In kleinen Begegnungen, in dem, was wir beitragen können. Wer sich auf die Suche macht, findet meist mehr als eine Quelle. Die Forschung zeigt: Menschen erleben Sinn dort, wo sie sich verbunden fühlen – mit anderen, mit sich selbst, mit etwas Größerem.

Quellen

Burrow, A. L., Hill, P. L., Summer, R. (2016). Leveling mountains: Purpose attenuates links between perceptions of effort and steepness. Personality and Social Psychology Bulletin, 42, 94-103.

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