Sinnblog
Sinn in verschiedenen Lebenssituationen
Blog #29

Sinn im Weltraum

Die Arbeit im Weltraum kann sehr herausfordernd sein. Denken wir an die körperlichen Auswirkungen durch die Reise. Den Aufenthalt jenseits der Erde, in Schwerelosigkeit.

Zwei Astronauten in Raumanzügen schweben in der Nähe eines Solarpanels, die Erde ist im Hintergrund zu sehen.


Die Gefahren, die eine solche Reise mit sich bringt. Auch die Psyche leidet unter den Gefahren des Weltraums, der Trennung von Familie und Freunden und dem Verlust eines „irdischen Alltags“. Wie schaffen es Astronauten motiviert zu bleiben, sich auf die Reise und den Beruf einzulassen?

Warum im Weltraum arbeiten?

Bei Astronautinnen und Astronauten ist es wie bei vielen anderen gefährlichen und herausfordernden Berufen auch: Sie tun es vor allem aus einer Leidenschaft und einer Sinnhaftigkeit heraus. Die Arbeit im Weltraum leistet einen Beitrag für ein größeres Ganzes und hinterlässt Spuren . Erkenntnisse für die Wissenschaft und technische Möglichkeiten, die Wertschätzung und das Ansehen für die herausfordernde Tätigkeit, machen diese bedeutsam. Auch das Erleben von Zugehörigkeit zu einem größeren Ganzen , den Kolleginnen und Kollegen wirkt für sie motivierend und sinnstiftend.

Barrieren müssen überwunden werden

Doch das Erleben von Sinnhaftigkeit kann auch schwinden. So befürchtet die NASA im Hinblick auf längere Missionen, dass Langeweile, Monotonie, fehlende Privatsphäre und die Trennung von Bezugspersonen das Sinnerleben erschweren und dem psychischen Wohlbefinden schaden. Bei geringeren Entfernungen kann der Kontakt zu Personen auf der Erde noch aufrechterhalten werden. Das war früher anders. Vor allem der eingeschränkte Kontakt, der nur über Funk möglich war, hat den Astronauten zu schaffen gemacht. Das wäre bei zukünftigen Missionen in ferne Weiten, wie zum Beispiel zum Mars, auch wieder ein kritischer Punkt.

Umso wichtiger ist es also, andere Sinnquellen zugänglich zu machen. Ein zentraler Punkt ist hier die Autonomie: Auch, wenn standardisierte Vorgänge wichtig sind und die Sicherheit erhöhen, braucht es doch auch Entscheidungsmöglichkeiten und Herausforderungen. Nur so lässt sich der Monotonie und der Langeweile im Weltall entgegenwirken. Und nicht zuletzt müssen Astronautinnen und Astronauten den Sinn hinter ihrer Tätigkeit immer wieder nachvollziehen und erleben können. Sie wollen wissen, wozu sie bestimmte Aufgaben ausführen und welches größere Ziel sie damit verfolgen. Vor allem, wenn eine Mission mehrere Jahre umspannt, sind diese Fragen von hoher Relevanz: für die psychische Gesundheit der Raumfahrenden, für ihre Motivation, die Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit und somit für das Gelingen der Weltraummission selbst.

Sinnfragen

Sinn ist eine Kraftquelle – gerade unter Extrembedingungen. Bei Weltraummissionen erleben Menschen Isolation, Enge und hohe Verantwortung. Wer weiß, wofür das alles geschieht, kann auch Belastungen besser tragen. Wenn die eigene Tätigkeit als bedeutsam, kohärent und gemeinschaftlich erlebt wird, stärkt das das psychische Wohlbefinden. In der Schwerelosigkeit gewinnt innere Orientierung an Bedeutung.

Viele berichten von einem tiefen Gefühl der Verbundenheit. Der Blick auf die Erde verändert die Perspektive – man sieht das „größere Ganze“, wird Teil davon. Dieses Erleben kann ein Gefühl von Kohärenz und Bedeutsamkeit auslösen. Auch das gemeinsame Ziel einer Mission und die Zusammenarbeit im Team stärken das Sinnerleben. In der Schwerelosigkeit verliert das Alltägliche an Gewicht, im wörtlichen wie übertragenen Sinn.

Monotonie, Isolation und der Verlust gewohnter Routinen können das Gefühl von Sinn untergraben. Wenn der Kontakt zur Erde fehlt oder das eigene Handeln nicht mehr als wirksam erlebt wird, drohen Erschöpfung und Sinnkrisen. Auch existenzielle Indifferenz – das Gefühl, dass nichts wirklich zählt – kann sich einschleichen, wenn innere Anker fehlen. Sinn entsteht nicht automatisch – er muss gepflegt werden.

Auch hier gilt: Wer weiß, was für ihn oder sie zählt, kann Krisen besser bewältigen. Astronaut:innen sind gezwungen, sich mit ihrer Motivation und ihren Werten auseinanderzusetzen – das schützt sie vor innerer Leere. Diese Klarheit können auch wir entwickeln: durch Selbstreflexion, durch die bewusste Wahl unserer Ziele und durch die Pflege tragender Beziehungen. Sinn entsteht, wo innere Haltung auf Handlung trifft.

Sinn lässt sich nicht verordnen – aber ermöglichen. Raumfahrtorganisationen schaffen gezielt Bedingungen, die Orientierung, Kohärenz, Zugehörigkeit und Bedeutsamkeit fördern. Dazu gehören: klare Missionsziele, Teamkohäsion, psychologisches Training, Rückbindung an die Erde und gezielte Nachsorge. Wer sich als Teil eines bedeutenden Ganzen erlebt, ist auch in der Lage, Widrigkeiten sinngeleitet zu bewältigen.

Quellen

Britt, T. W., Sytine, A., Brady, A., Wilkes, R., Pittman, R., Jennings, K., & Goguen, K. (2017). Enhancing the meaningfulness of work for astronauts on long duration space exploration missions. Aerospace Medicine and Human Performance, 88(8), 779-783.

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