Sinnblog
Was wir glauben
Blog #18

Sinn light?

Wie uns ideologische Bewegungen Sinn vorgaukeln wollen

In unserer Gesellschaft gibt es schier unendlich viele Möglichkeiten. Tagtäglich sind wir komplizierten Fragen, Themen und Entscheidungen gegenübergestellt.

Großes Gebäude mit der Aufschrift „Scientology Kirche“, Glasfassade und Bäumen davor, unter einem teilweise bewölkten Himmel.

Das kann uns schnell überfordern, sodass wir uns manchmal nach einfachen Erklärungen und Antworten sehnen. Doch genau da liegt die Gefahr. Hier können ideologische Bewegungen ansetzen und uns mit vermeintlich „einfachen“ Lösungen Sinn anbieten.

Da setzen jene Bewegungen an

Diese Bewegungen können sich auf alle Sinnelemente stützen, was wir am Beispiel von Scientology herleiten können. Innerhalb der Bewegung nimmt man sich als zugehörig wahr. Man gehört einer Gemeinschaft an, ist eingeladen sich zu treffen oder an Kursen teilzunehmen. Die Bewegung bietet auch Orientierung. Durch die starren Vorgaben und klaren Überzeugungen wird eine Richtung vorgegeben. Dieser Richtung sollte man folgen und sie nicht verlassen. Die Vorgaben und Handlungsvorschläge, genauso wie die angebotenen Kurse zur Selbsterkenntnis und -verbesserung, vermitteln Bedeutsamkeit. Denn: wenn man sich so verhält, wie es gelehrt wird, befindet man sich auf dem „richtigen“ Weg. Gleichzeitig wird durch die Weisungen ein scheinbar widerspruchsfreies, „richtiges“ Weltbild geschaffen, welches das Erleben von Stimmigkeit fördert.

Doch hier liegt das Problem. Denn die Werte, Weltanschauungen und Handlungsvorschläge, die durch solche Bewegungen vermittelt werden, können gefährlich sein. Am Beispiel von Scientology lässt sich erkennen, dass teilweise auf eine Machtausübung gesetzt wird, die andere Personen unterdrückt. Dabei wird versucht, die Freiheit und Gleichheit der Menschen zu unterbinden. Gleichzeitig werden die Mitglieder manipuliert. Deren Ängste, Krisen und Unsicherheiten werden geschürt mit dem Ziel, dass sie sich an die Vorgaben halten und an die Bewegung binden. Für die Führenden bedeutet das eine Zunahme von Macht und Gewinn.

Wie schaffen wir es, solche Manipulationen zu umgehen?

Um uns nicht „verlocken“ zu lassen und mit dem Überangebot an Möglichkeiten und Entscheidungen umgehen zu können, ist es wichtig, dass wir uns selbst, unsere Werte und Einstellungen kennen. So lassen wir uns nicht so leicht von Komplexität überfordern und von scheinbar „einfachen“ Lösungen überzeugen. Dazu müssen wir lernen, mit Unstimmigkeiten umzugehen. Die Welt, in der wir leben, ist vielschichtig; selten gibt es nur die eine, eindeutige, richtige Antwort. Gleichzeitig müssen wir ins Handeln kommen, niemand kann uns das abnehmen. Auch kein verlockendes „einfaches“ und angeblich „richtiges“ Weltbild.

Sinnfragen

Echter Sinn ist mehr als ein gutes Gefühl – er verbindet emotionales Erleben mit kognitiver Klarheit. „Sinn light“ wirkt oft angenehm, bleibt aber oberflächlich. Wirklicher Sinn entsteht, wenn ich weiß, was mir wirklich wichtig ist – und danach handle. Das kann herausfordernd sein, fühlt sich aber stimmig an und trägt auch in schweren Zeiten.

Sinn entsteht dort, wo ich erkenne: Das zählt für mich. Das kann vieles sein – von Fürsorge über Kreativität bis zu Spiritualität. Entscheidend ist, dass ich mich in etwas eingebunden erlebe, das über mich hinausweist – und zugleich meinem inneren Kompass folgt. Der erste Schritt: ehrlich hinsehen, was mir wirklich bedeutsam ist.

Weil wir wählen können – und damit Verantwortung tragen. Das eröffnet Freiheit, bringt aber auch Unsicherheit mit sich. Orientierung hilft, Entscheidungen stimmig zu treffen. Wer weiß, was für ihn zählt, lebt klarer, motivierter – und kann bewusster Nein sagen. Sinn gibt dabei die Richtung vor, nicht die genaue Route.

Weil sie entlasten. In einer komplexen Welt sehnen wir uns nach Klarheit. Eindeutige Antworten geben Halt – auch wenn sie oft zu kurz greifen. Sie können trösten, aber auch täuschen. Sinn entsteht nicht durch einfache Rezepte, sondern durch die Auseinandersetzung mit dem, was wir als wirklich bedeutsam empfinden.

Ein Warnzeichen ist, wenn eine einzige Wahrheit verkündet wird – ohne Raum für Zweifel oder Gegenargumente. Manipulatives Denken appelliert oft an Ängste und bietet einfache Lösungen. Echte Sinnorientierung ist hingegen offen, dialogisch und erlaubt Widersprüche. Sie fragt: Was entspricht meinen eigenen Werten?

Quellen

https://www.zeit.de/sinn/2022-06/orientierung-welt-besser-leben Gligorić, V., da Silva, M. M., Eker, S., van Hoek, N., Nieuwenhuijzen, E., Popova, U., & Zeighami, G. (2021). The usual suspects: How psychological motives and thinking styles predict the endorsement of well-known and COVID-19 conspiracy beliefs. Applied Cognitive Psychology, 35, 1171-1181. https://www.verfassungsschutz.bayern.de/weitere_aufgaben/scientology/definition/index.html

Das könnte dich auch interessieren!