Sinnblog
Sinn in verschiedenen Lebenssituationen
Blog #6

Die soziale Dimension des Lebenssinn

Sinnerfüllung durch soziale Beziehungen?

Herauszufinden, was dem Leben einen Sinn verleiht, ist gar nicht so einfach. Wenn man Personen direkt nach ihren Sinnquellen fragt, antworten die meisten: „Familie und Freundschaft“.

Eine bunte Gruppe von Menschen, darunter auch eine Person im Rollstuhl, steht im Freien in einem Kreis, hält sich an den Händen und hebt sie in Einigkeit.

Diese Antwort ist auf unser generelles Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit, Kommunikation, sozialem Austausch und gegenseitiger Anerkennung zurückzuführen.

Aber was ist es, was uns Menschen, im Kontakt mit anderen, wirklich Sinnerfüllung erleben lässt? Was steckt dahinter?

Selbstüberschreitung 

Aus unserem Engagement für Freundschaften entwickeln sich ganz besondere Gemeinschaftserfahrungen. Wir schaffen beispielsweise eine einzigartige Form der Kommunikation oder regelmäßige, gemeinsame Aktivitäten. Das stellt eine Grundlage für Hilfsbereitschaft, Ausdruck von Wertschätzung, sowie das Erleben von Nähe und Zugehörigkeit dar. Gleichzeitig bildet es die Möglichkeit, uns selbst zu „überschreiten“. Das bedeutet, dass wir in diesen Situationen mit unserer Aufmerksamkeit ganz bei der gegenüberstehenden Person sind. Andere - automatisch ablaufende - Kontrollmechanismen werden dadurch ausgesetzt. Das heißt, wir vergessen dabei, was um uns herum passiert. Diese Selbstüberschreitung erleben wir als sinnstiftend.

Spuren hinterlassen

Aber nicht nur das. Wie wir wissen, ist Spuren hinterlassen die stärkste Sinnquelle. Dabei geht es darum, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, etwas mit bleibendem Wert zu schaffen. Dieser Wunsch wird auch in sozialen Beziehungen gelebt. Forschungen zeigen, dass Spuren hinterlassen noch besser in sozialen Gemeinschaften gelingt als in einer partnerschaftlichen oder freundschaftlichen Beziehung. Soziale Gemeinschaften sind, im Vergleich zu Partnerschaften oder Freundschaften, größere Gruppen, mit mehreren Personen. Hier spielen gewisse Gruppendynamiken eine Rolle, da nicht mehr nur zwei Personen interagieren, sondern mehrere gleichzeitig. Und man somit auch auf mehre Personen gleichzeitig eine Wirkung hat. Es wird vermutet, dass wir dadurch unseren Selbstwert und unsere Selbstwirksamkeit mehr fördern können als im Kontakt zu nur einer Person. Daraus schließen wir, dass wir vor allem in Gemeinschaften Spuren hinterlassen können und dadurch Sinnerfüllung erleben. Dieser Effekt ist wechselseitig. Forschungen zeigen nämlich auch, dass eine hohe Sinnerfüllung dazu beiträgt, dass wir mehr in soziale Beziehungen eingebunden sind. Das wird zum Beispiel durch ehrenamtliche Tätigkeit oder das Eingehen einer Ehe ausgelebt.

Das heißt, dass soziale Beziehungen nicht nur zu einem sinnerfüllten Leben beitragen, sondern auch, dass Sinnerfüllung dazu motiviert, soziale Beziehungen einzugehen. Wir können also Sinnerfüllung erleben, indem wir in engem Kontakt zu anderen Menschen sind. Oder, indem wir einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten und uns dadurch als selbstwirksam und relevant erleben.

Sinnfragen

Sinn entsteht in Beziehung – zu anderen, zur Welt, zu uns selbst. Wenn wir uns verbunden fühlen, erleben wir, dass unser Leben Bedeutung hat. Studien zeigen: Wer soziale Nähe erfährt, erlebt mehr Kohärenz und Bedeutsamkeit – zentrale Elemente von Sinnerfüllung. Beziehungen geben uns Orientierung und machen deutlich: Ich bin nicht allein unterwegs.

Gemeinschaft schenkt Zugehörigkeit – eines der vier Schlüsselelemente eines sinnerfüllten Lebens. In Gemeinschaft erleben wir, dass wir Teil von etwas Größerem sind. Unsere Erfahrungen werden geteilt, unser Handeln erfährt Resonanz. Das stärkt nicht nur unser Sinnempfinden, sondern auch unsere psychische Stabilität.

Wenn wir uns für andere einsetzen, erleben wir uns als wirksam und gebraucht. Engagement schafft Bedeutung – wir merken: Mein Tun hat Einfluss. Studien zeigen, dass insbesondere nachhaltiges, freiwilliges Engagement mit einem hohen Maß an Sinnerfüllung einhergeht. Es stärkt zudem unsere Selbstwirksamkeit und unser Zugehörigkeitsgefühl.

Soziale Verbundenheit wirkt wie ein Puffer gegen psychische Belastungen. Sie fördert Vertrauen, stärkt unser Immunsystem und reduziert Stress. In der Forschung zeigt sich: Menschen mit starker sozialer Einbindung erleben mehr Lebensfreude, weniger Krisen – und einen höheren Grad an Sinn im Leben.

Pflege Beziehungen, die dir guttun. Nimm dir Zeit für echte Gespräche. Engagiere dich dort, wo du etwas beitragen kannst – auch im Kleinen. Sinn wächst dort, wo wir in Resonanz mit anderen treten. Es geht nicht um Quantität, sondern um Qualität: Präsenz, Verlässlichkeit und echtes Interesse.

Quellen

Schnell, T. (2020). Die soziale Dimension des Lebenssinns. In Psychologie des Lebenssinns (pp. 99-116). Springer, Berlin, Heidelberg.

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