Das führt zu existenziellen Ängsten. Diese Ängste sind aber - anders als bei Angststörungen - nicht übertrieben, sondern realistisch. Ich sehe die Welt, wie sie ist: mit aller Ungerechtigkeit, Zufälligkeit und der Tatsache der Endlichkeit allen Lebens. Das ist ein schmerzhafter Zustand, der mit Depression, Ängstlichkeit und Pessimismus einher gehen kann. Lebenszufriedenheit, Hoffnung, Motivation und Selbstwirksamkeit gehen verloren. Das Vertrauen in die eigenen Kräfte lässt nach.
Wie entsteht eine Sinnkrise?
Am häufigsten treten Sinnkrisen bei 16- bis 29-Jährigen auf. Mit dem Alter nimmt der Anteil an Personen, die unter einer Sinnkrise leiden, deutlich ab. Nicht immer gibt es klare Auslöser, auf die eine Sinnkrise zurückzuführen ist. Im jungen Erwachsenenalter kommt es vor allem in Phasen des Übergangs zu Sinnkrisen. Die vielen Entscheidungen und Möglichkeiten können uns zu schaffen machen. Orientierungslosigkeit oder Zukunftsängste können eintreten. Dabei kann es vorkommen, dass wir uns, nachdem wir die Schule, die Ausbildung oder das Studium beendet haben, immer wieder die Frage stellen: „Und jetzt?“. Im Gegensatz dazu werden im mittleren Erwachsenenalter Sinnkrisen eher durch konkrete Ereignisse ausgelöst. Schwere Erkrankung, eine Trennung, berufliche Probleme oder der Tod einer uns nahestehenden Person können einen solchen Zustand hervorrufen. Im späten Erwachsenenalter kann uns vor allem die Perspektivlosigkeit zu schaffen machen. Wenn wir glauben, nicht mehr gebraucht zu werden, kommt uns unsere eigene Existenz oft sinnlos vor.
Aber eine Sinnkrise ist kein dauerhafter Zustand; sie kann überwunden werden. Und gleichzeitig bietet sie uns die Chance, einen neuen, realistischeren Blick auf uns selbst und die Welt zu entwickeln.
Die Wege aus der Sinnkrise
Sinnkrisen können mit unterschiedlichen Begleiterscheinungen auftreten. Je nach psychischem Zustand und je nach Schwere des Leidens ist es wichtig, professionelle Unterstützung in Erwägung zu ziehen. In Beratung, Therapie oder Seelsorge können existenzielle Ängste besprochen werden. Das kann eine schmerzliche Reise sein. Doch sie lohnt sich! Denn: Durch sie können wir uns weiterentwickeln, eine neue Orientierung finden und neue Ziele festmachen.
Es kann vorkommen, dass uns die Sinnkrise im Alltag einschränkt. Hier kann eine Auszeit dabei helfen, ausreichend Raum zu finden, um uns mit diesen wichtigen Fragen zu beschäftigen. Obwohl es sehr wichtig ist zu reflektieren und nachzudenken, wird dies aber nicht ausreichen. Denn der Lebenssinn lässt sich nicht gedanklich finden. Er wird erst in der Umsetzung erlebt.
Für einen ersten Schritt aus einer Sinnkrise bietet es sich an, auf die Sinnquelle zu setzen, die als der stärkste Sinnstifter gilt: Wenn wir die Erfahrung machen, dass wir Spuren hinterlassen, dass wir etwas bewegen und verändern können, erleben wir das immer wieder als sinnvoll. Wie kann das aussehen? Sogenannte Freiwilligencenter bieten viele Möglichkeiten, uns je nach Fähigkeiten, Eigenschaften und Zeit für etwas einzusetzen. Wer sich darauf einlässt, spürt meist eine Steigerung der Selbstwirksamkeit, das Erleben von Verantwortung – und Sinn.